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BISCHOF Rainer

Aus dem Nebel in das Licht. Klavierquartett

Auftragswerk der Webernwerkstatt Mürzzuschlag in memoriam Anton von Webern

Erscheinungsdatum
2008
Besetzung
Quartette (Drei Streicher und Klav. / Cemb. / Git.)
Dauer
10'
Bestell-Nr.
07 246

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Beschreibung

Aus geheimnisvoll leisen, breiten Zwölftonakkorden des Beginns (Adagissimo), denen Tremoli am Steg der Streicher einen fahlen Klangcharakter verleihen, schält sich eine ausdrucksvolle Melodie in weit gespannten Intervallen hervor, zunächst vom Violoncello angestimmt, aber gleich darauf von der Violine übernommen und fortgeführt, während die Viola eine gespenstische Unruhe verbreitende, rhythmisch zerklüftete Linie dagegen setzt: Bei Rainer Bischofs Klavierquartett „Aus dem Nebel in das Licht“, 2008 als Auftragswerk der Webern-Werkstatt Mürzzuschlag entstanden und für das Jess-Trio und den Bratschisten Wolfgang Klos „in memoriam Anton von Webern“ geschrieben, besteht von Beginn an kein Zweifel daran, dass es sich um ein veritables Nachstück handelt. Die variative Struktur des Werkes führt zunächst zu einer Verdichtung der angedeuteten Stimmungen bis hin zu wild auffahrenden Gesten und harschen Kontrasten, die als typisch für Bischofs expressive Tonsprache gelten dürfen. Doch die aufgepeitschten Wogen glätten sich immer mehr. In den letzten fünf Takten, nachdem die Musik längst in einzelne Floskeln zu zerfallen scheint, laufen die Akkorde des Beginns im Krebs ab, jetzt ihrer Tremolo-Erregung entkleidet und durch Pausen zerrissen, bis sie schließlich in Stille versinken: eine Auslöschung. Trotz aller emotionalen Strudel beherrscht das Werk freilich eine andere, vergleichsweise zart und introvertiert zum Ausdruck kommende Empfindung – nämlich jene der Trauer: „Tempo di valse triste con rubato austriaco“, schreibt Bischof mehrfach vor und führt damit eine speziell Wienerische, auf Franz Schubert zurückgehende Tradition fort, von dem bekanntlich die Feststellung stammt, er kenne keine lustige Musik. Überhaupt ließe sich „Aus dem Nebel in das Licht“ auf einer Bedeutungsebene als Reverenz an die Dreieinigkeit der Wiener Schule begreifen, der sich Bischof als ihr Enkelschüler (über seinen Lehrer Hans Erich Apostel) in besonderer Weise verpflichtet fühlt: Bergs unbedingten Ausdruckswillen, den radikalen, bis zur Verlöschung getriebenen Konstruktivismus Weberns, der doch auch Schubert-Tänze instrumentiert hat – und natürlich Schönberg selbst, paraphrasiert der Titel doch eine Regieanweisung aus der 4. Szene von dessen 1909 entstandenem Monodram „Erwartung“ (Libretto: Marie Pappenheim), in welchem eine Frau in einem Wald, oder besser: im Dickicht ihrer eigenen Seele nach dem Geliebten sucht – einem untreuen Geliebten, an dem sie vielleicht selbst bereits blutige Rache genommen hat. Dabei rühmt Bischof gerade die unmittelbar emotionale Wirkung von Weberns Musik und erzählt dazu eine Anekdote aus dem Familienleben: Als er einmal eine Aufnahme der Fünf Sätze für Streichquartett op. 5 in der von ihm hoch geschätzten Interpretation durch das Quartetto Italiano hörte, sei gerade beim 2. Satz seine damals fünfjährige Tochter ins Zimmer gekommen und habe gemeint: „Papi, dreh bitte diese traurige Musik ab, sonst muss ich weinen!“ Eine solche direkte, für ein noch unverbildetes Kind spontan wahrnehmbare Expressivität und Dringlichkeit ist es, nach der Rainer Bischof in seinem ganzen Schaffen strebt. Walter Weidringer