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OFENBAUER Christian

Das Satyrspiel 2019/20

Untertitel

Geschachtelte Musik zu Bildern. Letzter Teil der Antikentetralogie für Orchester

Erscheinungsdatum
2020
Besetzung
2,Picc.,2,Eh.,2,Bkl.,2,Kfg. - 4,2,3,1 - Schl. (4 Spieler), 2 Hf, Cel, Klav - Str.
Dauer
50'
Bestell-Nr.
Aufführungsmaterial leihweise - in Vorbereitung

Keine Medien vorhanden

Beschreibung

"Wenn ich mich recht erinnere, so ist doch irgendwas mit der Oper in meinem bisherigen Komponistenleben gewesen? Sie hat mich über viele Jahre beschäftigt (MEDEA 1990-95 / Libretto: Heiner Müller; SzenePenthesileaEinTraum 1999/2000 / Christian Ofenbauer nach H. v. Kleist; WACHE 2002-04 / Lutz Graf). Mehr noch: Ich habe in dieser Form auf eine eigentümliche Weise gelebt und ich habe an sie vor allem geglaubt (besonders die Arbeit WACHE bedeutet mir nach wie vor viel: Eine in der Operngeschichte unkonventionelle Elektra-Paraphrase). Aber bereits im Jahr 2004 war mir klar, dass die Trilogie eigentlich eine Tetralogie werden muss. Wie dieser letzte Teil der Tetralogie beschaffen sein soll, war – über eine sehr lange Zeit – die große, ungeklärte Frage.

            Ausgehend vom antiken Konzept fehlte also auch in meiner Trilogie das Satyrspiel der Tragödie. Zunächst versuchte ich, diese Leerstelle mit einer im europäischen Kontext naheliegenden Konvention zu lösen. Mein erster Gedanke war: Eine Opera buffa wird die Entspannung vom Schrecken des Tragischen absichern, und ich verbrachte deshalb einige Jahre damit, mir lieb gewordene Texte von Johann Nestroy, Karl Kraus, Alfred Polgar und René Pollesch zu bearbeiten. ‚Bearbeiten‘ heißt in diesem Fall: Ich las mir hundertemale diese Texte laut vor, strich sie ein – wenn solches mir notwendig erschien –, suchte vorerst die mir passend erscheinenden Rhythmen für die einzelnen Textpassagen, um mir – im letzten Arbeitsgang – über die Tonhöhen der Gesangslinien, oder deren Äquivalente, Klarheit zu verschaffen. Kurz gesagt: Die Findung der individuierten ‚Sprachmelodie‘, mit ihren notwendig erscheinenden Biegungen ins Geräuschhafte hinein, war das Thema. Für einen Außenstehenden, der solch eine Arbeitsweise beobachtet, muss das Geschehen wohl kurios sein: Ein Mensch, der Texte – um den Charakter der Linien ausprobieren zu können – halb singend, nuschelnd und oftmals krächzend rezitiert, in seiner Wohnung herumstapft und dabei ein imaginäres Orchester dirigiert, ist wohl nicht allgemein verständlich. Aber genau auf diese Weise habe ich meine Opern, über die Jahre, langsam erarbeitet. Sie sind, ausgehend von einem Zustand des Stammelns, Schritt für Schritt zu einer Artikulation, nämlich der Partitur, geworden. Prekär war allerdings das Resultat dieser Arbeit am Satyrspiel: Mir wurde zur Gewissheit, dass ich nach drei abendfüllenden Opern dem singenden Menschen nicht mehr vertraue.

            Aber damit habe ich einen bestimmten Wesenszug des attischen Satyrspiels, ohne es direkt zu planen, gestreift. Das Satyrspiel ist nämlich eine in der europäischen Literaturgeschichte bemerkenswerte Textsorte: Wir wissen zwar, dass diese Stücke, in der Hochblüte der Gesamtform, der obligate letzte Teil der Tragödien gewesen sind, aber ihre Überlieferung ist merkwürdig ephemer. Ein einziges Stück ist vollständig bekannt (Kyklops von Euripides), der Rest ist Fragment oder lediglich Erwähnung geblieben. Das bedeutet: Satyrspiele sind in der europäischen Tradition eigentlich nicht greifbar, nicht deutlich. Diese Konstellation passt, in ihrer außermusikalischen Weiterführung, für mich: Auch ich brauche jemanden, der mein Konzept ins Visuelle transformiert, denn es handelt sich immer noch um einen Teil von Opern, die im Prinzip auf der Ebene einer spezifischen Kombination von Musik, Text und Optik handeln. In meiner Tetralogie ist indes der letzte Abschnitt schweigsam geworden. Aus all diesen Gründen entstand eben die geschachtelte Musik zu Bildern, in ihrer eigenwilligen Konstellation. " (Christian Ofenbauer)