Werk

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ESTERMANN Kurt

Orgelkonzert Nr. 2

Untertitel

für große Orgel und symphonisches Orchester

Erscheinungsdatum
2011
Besetzung
Orgel und Orchester
Dauer
22'
Bestell-Nr.
Aufführungsmaterial leihweise

Keine Medien vorhanden

Beschreibung

Die Orchesterbesetzung, gleichsam als vorgelegte Ausgangslage, ist mit jener der IV. Symphonie von Anton Bruckner bewusst ident, erweitert durch zusätzliche Pauken sowie durch die große Orgel als Soloinstrument. Die Instrumente teilen sich in zwei Klangkörper - zur konzertierenden Orgel gruppieren sich die drei Trompeten, die zwei Hörner, die drei Posaunen, die Tuba und die Pauken I. Dieser Teil bildet mit der solistischen Orgel ein eigenes Orchester. Gegenüber spielen die weiteren Orchesterinstrumente, die Streicher als Rückgrat mit den acht Holzblasinstrumenten, ebenso zwei Hörnern sowie den Pauken II, die zu den Pauken I im Sinne eines Dialogprinzips voneinander entfernt aufgestellt sind. Damit ist die Grundhaltung des Werkes skizziert: die große Orgel, gemeinsam mit neun Blechbläsern samt Pauken konzertierend, korrespondiert mit dem übrigen symphonischen Orchesterapparat. Die Orgel übernimmt außerdem neben den erweiterten solistischen Aufgaben wie ein Continuoinstrument auch klanglich verbindende Elemente. Die sechs Abschnitte des Konzerts schließen bei einer Gesamtdauer von circa einundzwanzig Minuten ohne Unterbrechung aneinander an. Alle Teile lassen sich auf eine Urform zurückführen, bilden vom verwendeten Tonmaterial eine Einheit. Die drei Elemente "unterwegs" bauen eine musikalische Achse, wie sich auch die Satzteile "themen und durchführungen" und "scherzi und choräle" aufeinander beziehen - die Mitte verkörpert dabei der lyrische Abschnitt "chanson". War das 1996 entstandene Orgelkonzert Nr.1 in kammermusikalischer Besetzung gearbeitet, liegt nun dieses 2011 komponierte Konzert in größerer Besetzung vor - in beinahe gleicher Orchesterbesetzung wie Bruckners IV. Symphonie. Hat das Werk noch mehr mit Anton Bruckner zu tun? Ja und Nein - die Verwendung der Orgel provoziert eine scheinbare Nähe, aber mit den Begriffen absolut, sakral, religiös, klassisch oder mystisch, mit denen der Stil von Bruckners Symphonien gerne umschrieben wird, kann das Orgelkonzert mit seinem zeitgemäßen Anspruch nicht benannt sein - ähnlich einer Situation, als wollten die Opern "Lohengrin" und "Wozzeck" verglichen werden - um anschauliche Beispiele unlängst am Tiroler Landestheater gespielter Werke zu nennen. Da ist zunächst der Zeitfaktor, monumentale Längen und Großformen sind bei gegenwärtiger Musik nicht mehr logisch, die musikalische Sprache mit ihrem dichten Informationsfluss ist heute dafür zu komplex geworden. Das bedeutet aber auch, dass der heutige Zuhörer von Anfang bis zum Schluss von sich aus aufmerksam zuhören muss, die Musik äußert sich ja meistens als dichtes Konzentrat. Da ist auch der Faktor Klangfarbe, bei Bruckner sind dies zum Beispiel Streichertremoli, Hornrufe, Naturlaute, Ländlermelodien, Streicherchoräle, Jagdmusik und Trompetensignale. Beim Orgelkonzert spielen die Blechbläser mit den Pauken gerade im Zusammenspiel mit der Orgel auch eine hervorragende Rolle. Diese Instrumente charakterisieren ja seit jeher das heroldmäßig Signalhafte, aber auch das Choralartige - hier mag wohl speziell die Tiroler Blasmusiktradition, gepaart mit kirchlichen Gebräuchen ihre Spuren gesetzt haben - nicht von ungefähr ist der Schlussteil mit "scherzi und choräle" benannt. Und da ist natürlich die Orgel als Hauptinstrument selbst anzusprechen. Wie bei keinem anderen Instrument ist der Klang der Orgel so automatisch mit kirchlichen Zeremonien assoziiert, "...denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Liturgien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben." (Instructio de musica in sacra Liturgia, Trier 1967). Der Einsatz der Orgel färbt in gegenseitigem Austausch auf den Gebrauch des Orchesters ab, so finden sich etwa statische Strukturen jeweils in den Abschnitten "unterwegs". Ebenso ist bei der Orchestrierung die Technik der Mixturen und der Register eingesetzt - hier finden sich im Sinne des Orgelmäßigen Parallelen zu Bruckner. Bleibt noch auf die inhaltliche Ausrichtung des Orgelkonzerts einzugehen. Ähnlich Bruckner bin ich schon lange als Stiftsorganist umfangreich tätig und beschäftige mich zudem als Ordinarius für Kirchliche Komposition auf universitärer Ebene mit den Bedingungen vor allem zeitgemäßer liturgischer Musik - das soll auch in diesem Orgelkonzert gehört sein. Im aktuellen Jahresprogrammheft "Kirchenmusik im Stift Wilten 2012" zitiert Abt Raimund im Geleitwort: "Der große Dirigent Bruno Walter sagte über Anton Bruckner in einem Vergleich mit einem anderen Vertreter der Spätromantik: Mahler war immer auf der Suche nach Gott, während Bruckner ihn gefunden hatte." Insofern ist das Orgelkonzert Nr.2 "unterwegs". Kurt Estermann