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BISCHOF Rainer

Streichtrio op. 27

Erscheinungsdatum
1990
Opus
op. 27
Dauer
8'
Bestell-Nr.
06 032

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Beschreibung

Als Schüler Hans Erich Apostels bekennt sich Rainer Bischof zu einer streng dodekaphonischen Kompositionsmethode, wobei ihm symmetrisch gebaute Zwölftonreihen besonders häufig als Ausgangsmaterial dienen. So auch im vorliegenden Streichtrio. Die beiden Hälften der hier verwendeten Reihe zeigen sich zueinander horizontal und vertikal gespiegelt, eine Bauart, welche die Anzahl der Reihenmodi zwar auf die Hälfte reduziert, die Möglichkeiten der thematischen Verarbeitung allerdings, wie die Erfahrung lehrt, multipliziert. Betrachtet man nun die erste Reihenhälfte, so zerfällt diese wieder in zwei Dreiton-Gruppen, die sich lediglich in Größe und Richtung der dem Tritonus folgenden Sekunde unterscheiden. Die vier Dreiton-Gruppen der Reihe sind sozusagen verzahnt durch tonale Inseln, wovon die Aufeinanderfolge von großer und kleiner Sekunde vor allem auf die lyrischen Teile der Komposition von Einfluss ist, während die zentrale Vierton-Gruppe eine altbekannte chromatische Schaltstelle darstellt (in der retrograden Form der Quint-Transposition der Reihe lautet diese Tonfolge B-A-C-H!). Auf weitere theoretische Ausführungen verzichtend lässt sich jedenfalls sagen, dass diese Besonderheiten der Reihe jene Kohärenz des Materials garantieren, die Bischof gerade in diesem Werk so sehr benötigt, da das formale Element sehr experimentell gehandhabt wird. Je nach Betrachtungsweise präsentiert sich das Streichtrio op. 26 als einzelner Sonatenhauptsatz oder als immanent mehrsätzige Sonate, wiederum wahlweise zwei- oder dreisätzig. Um bei all dieser Vieldeutigkeit formal übersichtlich und präzise in der Aussage zu bleiben, beschränkt sich das Streichtrio im wesentlichen auf die zwei extrem kontrastierenden Tempo-Ebenen Allegro und Adagio. Dieser Dualismus prägt das gesamte Werk und keimt schon – nach klassischem Muster – in der siebentaktigen Exposition. Hier begegnen wir zunächst einem zerrissenen, flatternden Hauptthema und einem lyrischen, linearen Seitenthema. Beide Gedanken werden in den folgenden sieben Takten polyphon verarbeitet, bevor mit Eintritt des ersten Adagio-Teils die eigentliche Durchführung beginnt. Hier festigt zunächst 5/8-Rhythmik die Sieben-Takte-Periodik, bevor ein etwas bewegterer, akkordisch motivierter Teil in klarem, geradem Metrum in die gleichsam rückläufige erste Reprise mündet, welche sich nervös drängend und Pizzicato- und Arco-Technik nahezu von Ton zu Ton wechselnd steigert, bis die Violine, im Fortissimo den mittels Fermate gehaltenen Spitzenton B erreichend, den Sieg davonträgt. Hier, an der Zentralachse des Werks, beginnt mit Eintritt des nächsten Adagio-Teils der eigentliche „langsame Satz“. Zunächst homophon wird das lyrische, expressive Element des Grundmaterials hervorgearbeitet und in der Folge durch ein sechsstimmiges Fugato verdichtet. Bald aber wird das Geschehen bewegter und aufgeregter, der 6/8-Takt verzerrt sich zum 5/8- und schließlich zum 3/8-Takt, bis diese gewaltigste Steigerung des Werks in den letzten Allegro-Teil einbricht, welcher mit seiner kurz gestreiften Adagio-Reminiszenz ein verstümmeltes Rondo andeutet. In wenigen Takten lässt Bischof nochmals komprimiert alles thematische Material Revue passieren, um das Stück in einer (14-taktigen) Koda „perdendosi“ ersterben zu lassen. Zwölftontechnik und Expressivität sind für Rainer Bischof kein Gegensatz. Im Gegenteil: Die Knetbarkeit des dodekaphonischen Materials garantiert ihm eine ideale Plattform für den Kampf der Emotionen, der für seine Musik so charakteristisch ist. Seine Klanggebäude bewegen sich zwischen Aufschrei und Seufzer, zwischen Auflehnung und Resignation. Allein, im Streichtrio op. 26 scheinen mehr milde Sonnenstrahlen eingefangen zu sein als in den zahlreichen anderen Werken aus jüngster Zeit – Beweis dafür, dass ein sensibler Künstler sehr schnell auf positive Veränderungen in der Welt reagiert, wenngleich sich in die Hoffnung noch Zweifel mischt. Rainer Bonelli  

Inhalt

 

Rezension